Staunen – Tag 6/40 – 23.02.2021

Staunen, über was kann ich staunen, was lässt mich staunen?

Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821 – 1881) hat einmal geschrieben: „Meiner Ansicht nach ist über nichts zu staunen weit dümmer als über alles zu staunen. Außerdem: über nichts zu staunen ist fast dasselbe wie nichts zu achten.“

Wie leicht ist es anscheinend in der Zeit der Bibel gewesen zu staunen und nach dem Staunen zu glauben, warum sonst sollten uns die Autoren von so vielen Wundern erzählen, an die wir aufgeklärten Menschen kaum noch glauben können, glauben wollen, glauben müssen.

Aber hatten sie es wirklich so leicht? Eine meiner Lieblingswundergeschichten steht bei Matthäus:

„Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein. Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer. Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich!“ Matthäus 14,22-30

Gar nicht so einfach mit dem Glauben, auch damals nicht. Da war zunächst das Staunen, dann das Wundern, das Glauben, dann die Angst und Petrus begann zu sinken. Wenn die Geschichte hier geendet hätte, wäre sie nicht so wunderbar wie sie gedacht war. Nein, es geht weiter und Jesus erinnert Petrus an das Wichtigste, was in dieser Situation tragen kann, das Einzige: Vertrauen und Glauben, dass die Zusage Jesu Wert hat. Und Petrus überlebt.

Glaube ich an die Möglichkeit über das Wasser zu gehen, so wie Petrus? Muss ich das glauben? Ich weiß nur, dass mein Glaube mich schon oft getragen hat, auch in Situationen in denen der Boden zu schwimmen schien… Vielleicht ist das das wahre Wunder auch heute noch.

Das lässt mich immer wieder staunen.

Hören Sie „Ballade Nr. 2“ von Flix Lemaire, gespielt von Yeain Lee am Flügel der Luhterkirche zusammen mit Erik Nestler am Saxophon.

Ihre Pfarrerin Ulrike Veermann

Foto: See Genezareth (aus lizenzfreiem Fotopool)

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