„Es war, als hätt der Himmel
die Erde still geküsst,
dass sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogten sacht,
es rauschten leis die Wälder,
so sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.“
Joseph von Eichendorff
Eines meiner Lieblingsgedichte, das mich gerade in diesen Tagen vor der Karwoche noch einmal in ganz besonderer Weise berührt. Die Bibel erzählt von Jesu letzten Tagen mit seinen Jüngern, ein Auf und Ab zwischen der Begeisterung des Einzugs in Jerusalem, schon im Angesicht der im Hintergrund handelnden Gegner. Groß die Angst vor diesem Mann auf dem Esel der allein mit seiner Persönlichkeit eine Gefahr ist für alles althergebrachte, für jede Machtstruktur – und dem Prozess, der ihn ans Kreuz bringen wird. Laut der Schrift, weiß Jesus, was da vor ihm liegt, geht sehenden Auges in seine Berufung, voller Angst und doch auch voller Gewissheit.
Das Gedicht Eichendorffs wird immer mal wieder beim Abschied von einem geliebten Menschen gelesen, weil es eine Gewissheit ausdrückt, dass es ein „Danach“ geben wird, ein hinter dem Horizont, einen Augenblick, in dem alles sich berührt, das Leben und der Tod, das Heute und das Morgen… Der Moment, in dem ich aus meinem Leben nach Hause komme… Nach Hause kommen, das ist ein Versprechen des Glaubens, das auch Jesus hat zurück kehren lassen.
Aber es gibt diese Augenblicke der Berührung von Himmel und Erde nicht nur in diesen letzten Augenblicken, auch im hier und heute gibt es diese Momente, so wie es in einem Lied heißt, das gern bei Hochzeiten gesungen wird, mit dem Menschen diesen einen Moment der totalen gegenseitigen Nähe, des Erkennens des Gegenübers, des aus zwei werden eine*r beschreiben. Da heißt es:
„Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen,
und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.
Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken,
und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.
Wo Mensch sich verbünden, den Hass überwinden,
und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.“
Jesaja hat es so formuliert:
„die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ Jesaja 40.31
Lassen sie uns auffahren mit Flügeln wie Adler, heute, morgen und auch einmal am Ende unserer Tage…
Hören Sie „Widmung“ von Robert Schumann, gespielt von Erik Nestler am Saxophon und Yeain Lee am Flügel der Lutherkirche.
Ihre Pfarrerin Ulrike Veermann
Foto: Uwe Janser